Sebastian Gögels Zeichnungen, Malereien und Skulpturen reißen den Betrachter hinein in eine schwindelerregende Fahrt durch das
panoptische Labyrinth der menschlichen Psyche. Reflexartig bleibt man erst einmal stehen vor diesen drastischen Szenarien, blutrünstigen Überfällen und grimassierenden Protagonisten, fasziniert
von ihrer kompromisslosen Präzision und schrecklichen Schönheit. Es entfaltet sich vor unseren Augen eine Wunderkammer des Grauens und des menschlichen Instinkts, mit allen Sinnesfasern die
Korruption des Fleisches im Ambiente eines prämoralischen Biodramas zwischen skatologischer Wahrheit und eskatologischer Erwartung erleben zu wollen. Man kann es nicht rational erklären, aber
genau dieses besitzt einen unheimlichen Magnetismus. Den Bildträger (Leinwand, Papier) begreift Gögel als die Membran auf der – analog alchemistischer Transformationsprozesse – Innerlichkeit und
Außenwelt in unverwechselbaren Bildfindungen aufeinander treffen, sich reziprok beeinflussen und zwischen Eindruck und Ausdruck wechselseitig verwandeln.
Zuweilen mit einem sehr speziellen Sinn für Humor setzt Gögel die amorphe, talgig-glitschige Substanz der Farbmaterie, die
ätzend-fluiden Eigenschaften geschmolzenen Metalls und die spröde Faktizität von einfachem Sperrholz als Bedeutungsträger ein, um ambivalente Sinnbilder über
den universellen Kampf um die Form zu erschaffen.
Ganz bewusst versetzt Gögel den Betrachter in ein rückwärtsgewandtes optisches Klima: Gehäutete Fleischköpfe in
biedermeierlichen Pinguinanzügen, parasitäre, hamsterbackige Babygreise in ordentlich enggeschnürten Stiefeletten scheinen wie ferngesteuert in einer
blaugrauen Welt und Zeit zu handeln, die nicht der Gegenwart entsprechen. Wie Marionetten hantieren Gögels wurmähnliche Kopfabschneider blind und unschuldig besessen mit blitzblanken Waffen und
Werkzeugen, füllen widersprüchliche Substanzen und blubbernde Emulsionen in Monstranz-ähnliche Urnen und Gefäße ab. Nicht selten rollt ein Kopf durch diese Galaxie des Bösen, wird durchschnitten
oder, glubschäugig erstarrt, in apotheotischer Geste als Trophäe der Hässlichkeit und Wille zur Macht aufgespießt. Der Betrachter verspürt einen starken Drang, lachen zu müssen, kann es aber
nicht so richtig.
Gögels dämonisch zähnefletschende Büsten, nudelfressende Rotzlinge und bestialische Fratzen halten dem Kulturbürger und
hypegetriebenen zeitgenössischen Kunstkonsumenten den Spiegel vor. Ausgehend von der (nicht neuen) Vorgabe, dass man alles – aber auch nur alles – in der Kunst machen kann, ist eine Sensationsbesessenheit ins Leben gerufen worden, die man als Künstler einerseits bedienen
will oder muss, und aus der man andererseits um jeden Preis auszubrechen sucht. Gögels Bildwelt kann dementsprechend auch als Analyse und im Ansatz Kritik einer Verwertung des Künstlers durch die
Institutionen des Marktes und die des eigenen Lebensentwurfs als Künstler gelesen werden. Der Künstler Gögel zelebriert sein Unwohlsein als Subjekt innerhalb
dieser Verwertungsstrategien, indem seine Werke offensiv mit Erscheinungsformen einer »psychopathischen« Kunst spielen. (...)
Auszug aus "Visionary Channels and Cosmic Pores" von Oliver Kossack
1997-2002 Studium der Malerei, HGB Leipzig
2002 Diplom bildende Kunst
2005 Meisterschüler Klasse Gille
Leben und Arbeit in Leipzig
Start-Up:
seit 2015 - King Dracula - temporary tattoo company est.2013, Berlin/Leipzig
HAGEL:
ist eine Zusammenarbeit mit Paule Hammer, seit 2005 entstehen Zeichnungen, Malerei, Plastik und raumgreifende Installationen.
EINZELAUSSTELLUNGEN
HAGEL: Zwickmühle, Galerie B2, Leipzig
HAGEL: “Dance on the dancefloor”, Chung King Project, Los Angeles, USA
HAGEL: „HYPERHYPER“, Galerie Wohnmaschine, Berlin
„Transformer“, Emmanuel Post, Leipzig
„Waldmeister“, Laden für Nichts, Leipzig
GRUPPENAUSSTELLUNGEN
„The Collection-German Art from Kiefer to Henning”, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, NL
“A.B.C. Mooning” – Gallery Fist, Hamburg
“Stadt der Schatten – Die Verwandlung”, Galerie Rothamel, Erfurt
„Cliffhanger“, Minken und Palme, Berlin
„Just Paint“, Gemeentemuseum, Den Haag, NL
„LUBOK-Exhibition“, Printroom, Rotterdam, NL
„First and Last and Always“, Weiss Cube Galerie, Leipzig
"OCKHAMS MESSER' - Emmanuel Post, Berlin
„Celebration Sebastian“, Galerie Kleindienst, Leipzig
„AUSLöSER“ . Fotografie-Konzepte in Leipzig, Kunsthalle der Sparkasse, Leipzig
„THE DISASTERS OF PEACE“ - Umspannwerk Berlin-Tiergarten, Berlin„die Dinge des Lebens . objekte in der leipziger kunst“, Kunsthalle der Sparkasse Leipzig
“Lubok bei Bongout !” - Bongout, Berlin
“Glassworks”, Autocenter, Berlin
“The Library of Babel / In and Out of Place”
- Zabludowicz Collection, London, Großbritannien
“Dark: A Show to Winter”, FOURTEEN30 Contemporary, Portland, Oregon, USA
“DEMONOLOGY” - CHARLIE SMITH, London, Great
Britain
„Neue Leipziger Schule / New Leipzig School“, Cobra Museum of Modern Art, Amstelveen, Niederlande
„Past-Forward“, Zabludowicz Collection, London
“FACE UP”, Galerie Adler, New York, USA
„DAS LOCH“, Galerie b2, Leipzig
„WASSER! FORT! HILFE! AU! SCHÖN! NICHT!“, Hafen+Rand, Hamburg
„DLD Collection“, Gemeentemuseum, Den Haag
„O Täler weit, o Höhen. Landschaft hier und heute“, Comptoir Kunstmagazin, Sonneberg
“Replacing Mashkov. Recent acquisitions by the Gemeentemuseum Den Haag”, Gemeentemuseum, Den Haag
HAGEL: “I just don't know what to do with myself”, Ritter/Zamet, London
HAGEL: „Kreuzschlitz“, Laden für Nichts, Leipzig
“Plazasuite”, Union Gallery, London
„Klasse Gille“, Galerie Timm Gierig, Frankfurt/Main